Neun
Das schrille Pfeifen einer Lokomotive riß Jeff aus tiefem Schlaf. Ein Zug ... Jeff wußte, daß er etwas zu erledigen hatte, konnte sich jedoch in seinem benommenen Zustand nicht erinnern, was es war.
Es war kühl in dem kleinen Raum, eine leichte Brise wehte durch das Fenster herein. Fancy lag halb auf seiner Brust, ihr weiches Haar kitzelte ihn am Kinn. Behutsam, um sie nicht zu wecken, berührte er es und lächelte froh.
Fancy murmelte etwas und bewegte sich. Wieder pfiff der Zug, und Jeff schloß die Augen, weil er wußte, daß der Frieden, den er in diesem Moment empfand, nicht mehr lange anhalten konnte. Es wurde Zeit, sich auf die Reise zu machen und gewisse Tatsachen ins Auge zu sehen.
Fancy räkelte sich wie eine Katze, und Jeff empfand eine fast schmerzliche Zuneigung zu ihr. Er hätte ihr seine Liebe eingestehen sollen, das wußte er, aber dafür benötigte er mehr Mut, als er ihn aufbrachte nach ihrer erschütternden Behauptung, sie habe ihn nur seines Geldes wegen geheiratet.
Die Ankunft des Zuges der Pacific Central erschütterte das Haus, und Fancy erwachte. Sie hob den Kopf, schaute Jeff aus ihren großen violetten Augen an und murmelte: »Du lieber Himmel, woher kommt dieser Krach?«
Jeff lächelte träge. »Krach?« wiederholte er, während das schmale Bett unter ihnen erbebte und ein weiterer schriller Pfiff erklang.
Jeff schob die Hände unter Fancys festen kleinen Po und begann zärtlich an ihrem Ohrläppchen zu knabbern.
Sie drängte sich ihm entgegen, und das Feuer, das sie in ihm entzündete, beseitigte seine Zweifel. »Ich liebe dich«, sagte er dicht an ihrer Brust, während er sich behutsam auf sie rollte.
Fancy konnte ihn nicht hören, das wußte er, aber ihr Körper hieß ihn willkommen. Es war eine kurze, stürmische Vereinigung, und als beide den Höhepunkt ihrer leidenschaftlichen Gefühle erreichten, vermischten sich ihre lustvollen Schreie mit dem schrillen Pfeifen der Dampflokomotive.
Danach blieben sie eng umfangen liegen, während sie allmählich wieder ruhiger wurden. Jeff schloß die Augen. Es war seltsam, wie intensiv seine Gefühle für Fancy waren, und er war überzeugt, daß er es nicht ertragen würde, falls er sie irgendwann einmal noch mehr lieben sollte als in diesem Augenblick. Die Gefühle, die ihn beherrschten, waren schon jetzt beinahe unerträglich in irhrer Intensität.
»Jeff?« fragte Fancy leise, aber er konnte nichts erwidern. Seine Kehle war wie zugeschnürt.
»Was hast du, Liebling?« flüsterte Fancy und streichelte das weiche Haar an seinem Nacken.
Jeff preßte die Lippen zusammen. Sie hat dich nur geheiratet, weil du reich bist, ermahnte er sich grimmig. Mach dich nicht zum Narren, indem du es vergißt! »Fancy .« Es war nur ein geflüsterter Hauch.
»Wir sollten zu Phineas zurückkehren, meinst du nicht?«
Diese praktische Bemerkung ernüchterte ihn. »Ja«, antwortete er, sah aber Fancy nicht dabei an. »Du hast recht ...«
Fancy legte beide Hände um sein Gesicht und zwang ihn, sie anzusehen. »Jeff«, beharrte sie sanft, »was hast du? Bist du nicht zufrieden mit mir?«
Mit einem erstickten Ausruf riß er sich von ihr los und sprang auf. Am liebsten hätte er die Wand mit seinen Fäusten bearbeitet, geschrien und gewütet. Aber statt dessen legte er die Stirn an den abblätternden Gips und bemühte sich um Haltung. Seine Schultern zuckten von der Anstrengung.
»Es tut mir leid«, sagte Fancy bedrückt.
Jeff drehte sich abrupt um. »Leid?« fragte er und kümmerte sich nicht mehr um die Tränen, die in seinen Augen gJitzerten. »Es tut dir leid?« keuchte er. »Was denn, Fancy, wenn ich fragen darf?«
Sie kauerte mitten auf dem schmalen, zerwühlten Bett und starrte auf ihre Hände. »Ich scheine dich verärgert zu haben — oder enttäuscht ...«
»Enttäuscht?« wiederholte Jeff ungläubig.
Fancy biß sich auf die Lippen und nickte. Eine dicke Träne rollte über ihre Wange.
»Nein!« protestierte Jeff heiser. »Nein!«
Fancy holte tief Luft. »Es war gelogen, als ich gestern sagte, ich hätte dich nur deines Geldes wegen geheiratet«, erklärte sie mit zitternder Stimme. »Ich ... ich liebe dich, Jeff.«
Ihre Worte waren wie eine eiskalte Dusche für Jeff. Wenn er ihr doch nur glauben könnte!
Er griff nach seinen Hosen und streifte sie über. »Klar!« entgegnete er schroff. »Zieh dich an.«
»Glaubst du mir nicht?«
»Sicher glaube ich dir«, log Jeff. »Es interessiert mich nur nicht. Wir haben einen Handel abgeschlossen, und das wollen wir nicht vergessen.«
Fancy weinte, doch Jeff stählte sich innerlich dagegen. Wieder nur so ein Trick, so eine neue Taktik. Bevor er darauf noch einmal hereinfiel, mußten Blumen in der Hölle blühen.
»Bis jetzt hast nur du Vorteile von diesem sogenannten >Handel< gehabt«, wandte Fancy mit zitternder Stimme ein. »Was habe ich davon?«
Als Jeff einigermaßen beherrscht war, drehte er sich zu ihr um. »Zieh dich an«, befahl er in kaltem Ton, der so gar nicht zu seinen Gefühlen paßte. »Wir reden darüber, wenn wir in Spokane sind.«
Fancy wich zurück, als habe er sie geschlagen, und das hätte ihn fast zur Vernunft gebracht. Er war schon im Begriff, ihr zu sagen, daß er sie liebte und brauchte, aber da klopfte es an der Tür.
»Mach bloß nicht auf!« sagte Fancy und griff nach ihren Kleidern.
»Einen Moment!« rief Jeff unfreundlich.
»Oh, ich habe es nicht eilig«, antwortete Jewel Stroble heiter.
Fancy kniete neben Phineas' Lager in seinem Wagen. Ihre eigenen Sorgen waren vergessen, als sie seine Blässe sah und die tiefen blauen Schatten unter seinen Augen. »Soll ich einen Arzt holen?« flüsterte sie.
»Nein«, erwiderte Phineas überraschend heftig. »Ich will keinen Arzt. Habt ihr euch endlich ausgesprochen, Fancy?«
Fancy schluckte bedrückt. »Es war ein Desaster, Phineas«, flüsterte sie.
Ein väterlich besorgter Blick erschien in seinen müden Augen. »Wieso?« wollte er wissen.
»Ich habe Jeff gestern gesagt, ich hätte ihn nur seines Geldes wegen geheiratet, aber ich habe es nur aus Wut gesagt, und nun ist er überzeugt, daß es die Wahrheit ist.«
»Oh«, meinte Phineas nur.
»Heute habe ich ihm gesagt, daß ich ihn liebe, und er meinte, das interessierte ihn nicht, wir hätten einen Handel abgeschlossen, und das sei alles.«
»Einen Handel?« wiederholte Phineas schmunzelnd. »Wenn ich mich recht entsinne, können aus einem solchen >Handel< durchaus Kinder entstehen.«
Fancy wandte errötend den Kopf ab. »Ja.«
»Bist du schwanger, Fancy?«
Es klang so aufrichtig besorgt, daß Fancy nicht gekränkt war. »Ich weiß nicht, Phineas. Es ist noch zu früh.«
Phineas nahm ihre Hand und hielt sie fest in seiner. »Jeff liebt dich, Fancy, vergiß das nicht. Bleib an seiner Seite, was auch geschehen mag, und liebe ihn von ganzem Herzen. Eines Tages wird es ihm gelingen, all die Hindernisse zu überwinden, die er zu seinem Schutz errichtet hat.«
»Vor wem will er sich schützen? Vor mir?« fragte Fancy erstaunt. »Ich würde ihn doch nie verletzen!«
»Das hast du bereits getan, Fancy — zweimal, soviel ich weiß. Ich glaube, Jeff hat Angst, dich so zu lieben, wie er es gern täte. Er gäbe dir damit eine furchtbare Waffe in die Hand, und Männer schrecken vor solchen Dingen zurück.«
»Ha!« entgegnete Fancy entrüstet. »Vor Jewel Stroble schreckt er nicht zurück! Stell dir vor, sie besaß die Frechheit, an unsere Hotelzimmertür zu klopfen und Jeff für heute abend zum Dinner einzuladen.«
Erstaunlicherweise lachte Phineas. »Sie ist ein dreistes Ding, diese Jewel. Bist du auch eingeladen?«
»Natürlich nicht! Die größte Frechheit ist, daß sie ihn vor meinen Augen eingeladen hat — während ich danebenstand!«
»Und was hat Jeff dazu gesagt?«
Fancy lächelte triumphierend. »Er meinte, sie solle aufhören, sich wie eine Dirne zu benehmen und uns in Ruhe lassen.«
»Na bitte!«
Doch Fancys Freude war nur kurzlebig. »Er hat ihr einen Klaps auf den Allerwertesten gegeben!« setzte sie ihren Bericht fort.
»Das ist kein Wunder bei Jewels Figur«, meinte Phineas.
»Phineas Pryor!«
»Nun ja, das kannst du nicht verstehen, weil du kein Mann bist.«
Fancy verstand sehr gut. Eine Frau reichte Jeff Corbin eben nicht. Obwohl er Jewels Einladung resolut abgelehnt hatte, konnte er nicht die Finger von ihr lassen. Fancy hatte den Blick gesehen, mit dem er Jewels ausladendes Hinterteil betrachtet hatte ....
»Kann ich irgend etwas für dich tun, Phineas?« fragte Fancy steif, nachdem sie dem alten Mann die Decken zurechtgezogen hatte.
»Ja — such deinen Mann und sag ihm, daß du ihn Jiebst. Sag es ihm so lange, bis er zuhört, Fancy.«
Jewel lächelte, begeistert von ihrer eigenen Schlauheit, als sie Hershels Käfig in der Gondel des Heißluftballons versteckte. Dann trat sie beiseite, verschränkte die Arme und wartete ab. Jeff Corbin würde heute abend schon zum Essen zu ihr nach Hause kommen! Und nicht nur zum Essen, wenn es nach Jewel ging!
Schon bald sah Jewel Fancy herüberkommen. Ihre auffallend blauen, fast violetten Augen sprühten wie die Funken, die sie aus ihren Fingerspitzen zu schlagen verstand. Und wenn Jewels Verlangen nach Jeff Corbin nicht ganz so stark gewesen wäre, hätte sie Fancy vielleicht sogar sympathisch gefunden. Aber so, wie die Dinge lagen, konnte sie sich dergleichen Gefühle nicht erlauben.
»Hallo, Missis Corbin!« sagte sie übertrieben freundlich.
»Eudora sagte, Sie hätten mein Kaninchen!« setzte Fancy drohend an. »Wo ist es?«
Jewel platzte fast vor boshaftem Vergnügen, aber es gelang ihr, mit einigermaßen ernster Miene auf die Gondel zu zeigen. »Da drin.«
Fancy warf ihr einen bitterbösen Blick zu und kletterte hastig über den Rand des großen Korbs. Jewel bückte sich blitzschnell und löste die Taue, die die Gondel am Boden hielten.
Missis Jeff Corbin umklammerte den Korbrand mit bebenden Händen und starrte voller Entsetzen auf die Erde unter ihr, die sich rasch entfernte. Vielleicht hätte sie noch springen können, wenn sie nicht vor Schreck wie gelähmt gewesen wäre ...
Jewel begann die Weisheit ihrer Tat zu bezweifeln, als Jeff aus der Zuschauermenge auf sie zugerannt kam, hochsprang und im letzten Augenblick den Korbrand zu fassen bekam. Die Gondel hing bereits drei Meter über dem Boden, als es Jeff gelang, hineinzuklettern.
»Fancy?« Jeff war da. Jetzt wurde alles gut. Er legte ihr einen Arm um die Schultern und stützte sie. »Fancy!«
Sie holte tief Luft. »Hinunter«, sagte sie mit erzwungener Ruhe. »Ich will nach unten.«
Doch anstatt ihren Wunsch zu erfüllen, stieß Jeff einen wütenden Fluch aus. Fancy öffnete die Augen, sah ihn an und beugte sich verwirrt über den Rand des Korbs.
Unten stand Temple Royce und schaute grinsend zu ihnen hinauf. Die Pistole in seiner rechten Hand schimmerte silbern im Sonnenschein.
»Na schieß doch!« forderte Jeff ihn spöttisch auf. »Mit all diesen Zeugen in der Nähe, alter Freund, wirst du endlich dort landen, wo du hingehörst — am Galgen!«
Temples Grinsen verblaßte. »Corbin, du Schuft, komm sofort herunter!«
Fancy ließ sich auf die Knie fallen, und die Gondel schwankte bedenklich. »0 Gott!« wimmerte sie.
»Corbin!« brüllte Temple.
Jeff stand hoch aufgerichtet in der Gondel, und die Art, wie er die Hand hob und winkte, erinnerte Fancy an einen Politiker. »Erinnerst du dich an die Dame?« rief er, während der Ballon höher und höher stieg. »Sie singt, sie tanzt, und — glaub mir, Temple — sie kann wirklich zaubern!«
»Komm herunter!« schrie Temple ihm zu.
»Tut mir leid«, rief Jeff lachend. »Ein andermal — an einem anderen Ort.«
Fancy stöhnte. Sie ertrug es nicht mehr. »Jeff, der Bal!on schwebt frei in der Luft!« ermahnte sie ihren Mann. »Ich weiß«, entgegnete er heiter.
Tatsächlich schwebten sie am blauen Himmel dahin, frei und sicher — wenigstens für den Augenblick — aber Fancy konnte dem Ausflug keinen Spaß abgewinnen. Irgendwo über dem Columbia River rappelte sie sich auf. Jeff war damit beschäftigt, das Ventil zu öffnen, das Gas in den Ballon entließ.
»Wir sind Temple entkommen«, sagte sie aufatmend. »Ja«, bestätigte Jeff. »Aber er wird uns folgen.« Daran hatte Fancy nicht gedacht. »Woher wußte er
überhaupt, wo wir waren?« fragte sie besorgt.
»Ich habe es ihm gesagt«, antwortete Jeff gelassen. Fancy wurde übel. Sie beugte sich über den Rand der Gondel und übergab sich.
Die Gondel trieb am blauen Himmel dahin, Stunden, wie es Fancy schien, über Hügel und Flüsse, bis sie irgendwann kurz vor Sonnenuntergang in einem Weizenfeld landeten. Der Korb hatte kaum die Erde berührt, als Fancy auch schon heraussprang und sich eilig vom Ballon entfernte.
Jeff lachte schallend, aber er folgte ihr nicht, Fancy hörte das zischende Geräusch entweichenden Gases und rannte weiter. Als sie stolperte und stürzte, drehte sie sich nach Jeff um, aber er war damit beschäftigt, große Steine in die Gondel zu laden.
»Du Idiot!« schrie sie gereizt. »Was machen wir jetzt? Was sollen wir bloß tun?«
»Ich werde diesen Ballon sichern, und du hörst auf, herumzukeifen wie ein Fischweib!« schrie Jeff zurück.
»Ein Fischweib?« rief Fancy empört und stolperte zu ihm zurück. Ihr Haar war aufgelöst, ihr Kleid verschmutzt, und der liebe Himmel wußte, was ihnen sonst noch alles zustoßen konnte! »Was fällt dir ein, mich ein Fischweib zu nennen?«
»Halt den Mund«, knurrte Jeff. »Wäre dir lieber gewesen, wenn ich mich von Royce hätte erschießen lassen?«
»Ich wußte gar nicht, daß du Angst vor ihm hast«, versetzte Fancy, hielt sich jedoch in sicherer Distanz.
Jeff stürmte auf sie zu und herrschte sie an: »Ich habe weder Angst vor Temple noch vor sonst jemandem! Aber er hatte eine Waffe und ein Dutzend Männer, und ich nichts als dein verdammtes Kaninchen!«
»Wenn du ihn nicht so herausgefordert hättest, wäre vielleicht gar nichts passiert!« konterte Fancy erregt und einem hysterischen Anfall nahe. »Meinst du, ich wüßte nicht, was du meintest, als du sagtest, ich könnte zaubern? Es war eine Anspielung auf unsere intimen Beziehungen!«
Jeff grinste unbefangen. »Klar.«
»Was fällt dir ein . .«
»Das fragst du mich andauernd«, fiel er ihr hart ins Wort. »Ich werde es dir sagen — ich tue, was ich will, und das solltest du dir endlich ins Gedächtnis schreiben!«
»Würdest du dann bitte gleich vom nächsten Felsen springen?«
Wieder grinste Jeff und machte jenes geheime Zeichen, vor dem er Fancy schon gewarnt hatte. Aber sie war so wütend, daß sie ihm mit der flachen Hand ins Gesicht schlug und sich abwandte, um von neuem davonzustürzen.
Trotz ihrer Tränen, die ihre Sicht behinderten, fand
ncy einen Weg aus dem endlosen Weizenfeld. An einem kJeinen Bach machte sie halt, wusch ihre Hände und ihr Gesicht und entdeckte dann eine alte Mühle auf der anderen Seite des Wassers.
Jeff erschien neben ihr und stellte mit verärgerter Miene Hershels Käfig ab. »Ich habe keine Angst vor Temple Royce«, sagte er ruhig.
Fancy unterdrückte ein Lächeln. »Nein, dazu bist du nicht vernünftig genug«, stimmte sie freundlich zu.
Er setzte sich neben sie ins frische Gras. »Aber etwas, was du gesagt hast, stimmt — ich bin ein Idiot«, gab er nach einer ausgedehnten Pause zu.
Fancy lachte. »Und wie bist du zu dieser Einsicht gekommen?«
Jeff schaute grimmig zum Himmel hinauf. »Du bist meine Frau. Ich habe versprochen, dich zu beschützen. Und jetzt sitzen wir hier in einem gottverlassenen Weizenfeld, und bald wird es Nacht, und dann müssen wir uns entscheiden, ob wir lieber verhungern wollen oder unser Haustier essen.«
Überwältigende Zärtlichkeit für Jeff erfaßte Fancy. »Ich bezweifle, daß wir verhungern, wenn wir eine oder zwei Mahlzeiten auslassen«, versicherte sie ihm und strich ihm tröstend übers Haar.
»Es hat dir nicht viel eingebracht, einen reichen Mann zu heiraten, was, Fancy?« entgegnete Jeff gedehnt und streckte sich auf dem weichen Gras aus.
»Meinst du, Temple könnte uns hier finden?« wollte Fancy wissen. Sie ging nicht auf seine Frage ein.
»Möglich. Dieser Ballon wird ihn auf uns aufmerksam machen, falls Temple irgendwo in der Nähe ist.«
»Aber wir sind meilenweit vom Rummelplatz entfernt.«
»Und Temple hat Pferde.«
Fancy erschauerte vor Angst. »Ach, Jeff, warum hast du ihm verraten, wo wir sind? Warum nur?«
Jeff seufzte. »Ich hielt es in jenem Moment für eine gute Idee.«
Die Sonne sank immer tiefer, die Frösche im Bach quakten, und die Vögel stimmten ihren abendlichen Gesang an. Fancy schaute sich um und fühlte sich auf einmal merkwürdig frei und unbeschwert, trotz aller Sorgen, die auf ihr lasteten.
Sie sprang ganz unvermittelt auf, streifte ihre Schuhe ab und watete in den kleinen Bach hinein, dessen kaltes Wasser sie vor Vergnügen erschauern ließ.
Jeff richtete sich auf und starrte sie an, als zweifelte er an ihrem Verstand. Fancy bückte sich lachend und spritzte ihm Wasser ins Gesicht.
Mit einem unterdrückten Fluch sprang Jeff auf und folgte Fancy in den Bach — in Hosen und Stiefeln. Und dann brach eine wilde Wasserschlacht zwischen ihnen aus, in deren Verlauf beide gründlich naß wurden und sich vor Lachen schüttelten.
Fancys schwarzes Kleid klebte an ihrem Körper wie eine zweite Haut; ihre steil aufgerichteten Brustspitzen, ihr sanft gerundeter Busen und ihre schmalen Hüften zeichneten sich unter dem nassen Stoff deutlich ab. Ihr feuchtes Haar fiel ihr in ungebändigten Locken auf die Schultern.
Und Jeff stand stocksteif im kalten Wasser, und Fancy sah, wie sich seine blauen Augen verdunkelten. Mit einer geschmeidigen Bewegung hob er sie auf die Arme und trug sie durch den Bach auf die baufällige Mühle zu.
Der Boden war mit eingestürzten Dachbalken bedeckt, unter denen zweifellos auch Ratten hausten, aber für Fancy war die alte Mühle ein Palast.
Sie rührte sich nicht, als Jeff ihr das sternenbesetzte Kleid auszog und dann ihre langen Hosen und ihr Unterhemd. Sie schämte sich ihrer Blöße nicht. Vor diesem Mann war sie sogar stolz auf ihren nackten Körper.
Jeff beugte den Kopf und küßte sie, und ihre kalten, bJau angelaufenen Lippen erwärmten sich augenblicklich unter seinen Zärtlichkeiten. Ihre Zungen begegneten und!iebkosten sich. Ein leises Stöhnen erfüllte den staubigen kleinen Raum, ein Stöhnen, das von beiden gleichzeitig zu kommen schien.
Schließlich löste sich Fancy sanft von Jeff und begann sein nasses Hemd aufzuknöpfen. Als sie es ihm über die breiten Schultern streifte, seufzte er erwartungsvoll und schloß die Augen.
Mit überraschend geschickten Fingern, wenn man bedachte, wie kalt sie waren, löste Fancy auch seine Hosenknöpfe.
Jeff atmete tief ein und zog Fancy in die Arme. Unter leidenschaftlichen Küssen ließ er sich sanft mit ihr zu Boden gleiten. Dort knieten sie auf Fancys nassem Kleid und schauten sich tief in die Augen, während sie einander küßten und liebkosten.
Schließlich löste Fancy ihre Lippen von seinem Mund und ließ sie über seine breite Brust gleiten. Seine Brustwarzen waren naß und kalt vom Wasser, und Fancy ließ ihre warmen Lippen darübergleiten, bis Jeff laut aufstöhnte und in lustvoller Ekstase den Kopf zurücksinken!ieß.
Fancys Lippen hinterließen eine brennende Spur auf seiner kühlen Haut, als sie immer tiefer glitten, während ihre Hände sich um sein Glied schlossen und ihn zärtlich streichelten. »Ich brauche ein Zeichen«, flüsterte sie Jeff heiser zu. »Etwas, wodurch ich dich wissen lassen kann, daß ich vorhabe, es bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit zu tun.«
Die Antwort war ein fieberhaftes Stöhnen, und als Jeff Fancys Lippen am empfindsamsten Punkt seines Körpers spürte, schrie er leise auf: »Ich kann nicht ... oh, Fancy ... bitte ...«
Sie lachte und hörte nicht auf, ihn mit Lippen und Zunge zu erregen. Seine lustvolle Reaktion verstärkte ihre eigene Erregung so sehr, daß sie nicht locker ließ, bis er mit einem lauten Aufschrei seine Niederlage ankündigte und sich erschöpft zurücksinken ließ.
Fancy richtete sich lächelnd auf, nahm eine alte Schüssel, die sie in einer Ecke der Mühle entdeckt hatte, und füllte sie mit Wasser aus dem Bach. Dann tauchte sie ihr Hemd hinein und begann Jeff zu waschen, ganz langsam, ganz zärtlich. Sie badete seine Hüften, seine Schenkel, seine Arme und ließ keinen Zentimeter Haut unberührt.
Das kalte Wasser schien Jeff nicht zu stören, in seinen Augen stand ein zärtlicher Blick, als er Fancy betrachtete. Nur als sie seine Lenden berührte und damit eine neue Erektion bei ihm auslöste, wehrte er sie sanft ab.
Aber Fancy schob seine Hände fort. »Das ist meine Nacht«, sagte sie, »und ich werde dich so lieben, wie es mir gefällt.«
Jeffs Bereitschaft zur Hingabe nahm bei diesen Worten zu, im gleichen Maße wie seine Erregung. Mit glitzernden Augen beobachtete er Fancy.
Sie legte das Hemd beiseite und begann Jeff zu streicheln, zu massieren und zu kitzeln. Er flüsterte ihren Namen, und es klang wie eine Liebeserklärung.
»Ich liebe dich«, sagte sie deshalb ohne Scham.
Jeff wand sich verzweifelt, bäumte sich wild auf und warf den Kopf zurück, um mit zusammengebissenen Zähnen zu flüstern: »Bitte, Fancy ... laß dich ... liehen ... bitte ...«
»Nein«, sagte sie, im vollen Bewußtsein ihrer Macht und schwindelnd vor Liebe und Verlangen. Vielleicht schämte sie sich morgen dafür, aber heute nacht empfand sie nichts als ein überwältigendes Triumphgefühl, ein berauschendes Bewußtsein ihres Sieges über den geliebten Mann. Heute nacht gehörte er ihr, nur ihr, und sie war fest entschlossen, ihn bis zum letzten Augenblick voll auszukosten.
Die ersten grauen Strahlen der beginnenden Morgendämmerung krochen schon über den Boden der Mühle, als Fancy endlich nachgab und ihrem Gefangenen Gnade gewährte.